Für eine erfolgreiche Klimakommunikation ist es wichtig, positiv zu bleiben. Konfrontation, Schuldzuweisungen oder ein Verächtlich-Machen anderer Positionen bewirken nicht nur wenig – sie bringen selbst Gutwillige oder zuvor Unbeteiligte gegen einen auf. Das heißt nicht, dass Konfliktpunkte ausgeklammert werden müssen; aber es ist sinnvoll, diese (in einem Gespräch oder Text) möglichst spät vorzubringen. Statt nur um Probleme sollte es in Klimakommunikation immer auch um Lösungen gehen (Kapitel 10); statt über Last und Verzicht spricht man über die Vorfreude, über Gelegenheit und Gewinn. Denn am Ende müssen wir Motivation und Hoffnung hochhalten – auch die eigene.
Trotz aller Sorge um unsere Zukunft, allem Ärger über Blockaden sollten wir in der Debatte über Klimakrise und Klimaschutz positiv bleiben: zugewandt und freundlich, optimistisch und zuversichtlich, werbend statt warnend oder drängend. So erreichen wir mehr.
Allerdings ist das Wort „positiv“ in diesem Zusammenhang mehrdeutig. Damit kann gemeint sein:
Den ersten Punkt werden wir im Detail noch in Kapitel 10 über Lösungen und Kapitel 15 mit der Warnung vor Katastrophismus behandeln.
Um den zweiten Punkt geht es in diesem Kapitel. Der norwegische Psychologe Per Espen Stoknes begründet in in seinem Buch What we think about when we try not to think about global warming seine Forderung nach positiver Kommunikation mit diesen Worten:
„Jede Lösung funktioniert viel besser, wenn die Leute sie wollen, mögen, lieben, anstatt sie aus Pflichtgefühl oder Schuld, wegen einer Vorschrift oder aus Angst vor Strafe umzusetzen.“
Und weiter schreibt Stoknes: „Wir stellen uns auf einen sehr langfristigen Einsatz [im Kampf gegen die Klimakrise] ein: Warum sollten wir es also nicht genießen, Spaß haben, es als sinnvoll und bereichernd erleben?“
In seinem Buch gibt der Psychologe auch viele konkrete Hinweise dazu: Wir sollten in der Klimawandel-Kommunikation nicht stur gegen (psychologische) Barrieren beim Publikum anrennen und dabei die immer gleichen Fehler wiederholen – die Stoknes mit seinen „fünf D“ beschreibt –, sondern diese fünf Barrieren umgehen, freundlich unterlaufen, positiv umdeuten und zu den „fünf S“ umwandeln.
Solange Menschen den Klimawandel für ein Problem der Zukunft und ferner Regionen halten, sich also nicht betroffen fühlen, sind sie wenig motiviert, etwas dagegen zu tun (Kapitel 8).
Lösung mit S: Dagegen hilft sozialer Kontakt, hergestellt am besten über vertrauenswürdige Stimmen aus den eigenen Milieus (Kapitel 7), um die Klimakrise als nah, persönlich und dringlich zu erkennen. Dies erleichtert es auch, auf Lösungen hinzuarbeiten.
Untergang (englisch: doom): Wer ständig von der „Klimakatastrophe“ hört und keine Lösung sieht, schaltet vermutlich schnell ab – und konzentriert sich auf kurzfristige Vorteile (Kapitel 15).
Lösung mit S: Unterstützung (englisch: support): Auf konkrete, machbare Lösungen hinzuweisen, hilft Menschen, sich als aktive Subjekte zu erleben statt als passive Objekte der Klimakrise (Kapitel 4). Faustregel: zu jeder erwähnten Bedrohung drei positive Aspekte/Handlungsansätze präsentieren.
Innere Dissonanz entsteht, wenn Menschen einen Widerspruch zwischen ihren Einstellungen und ihrem Verhalten spüren. Dies stört ihr Selbstbild, ein „guter Mensch“ zu sein. Wenn sie das Verhalten nicht ändern wollen oder vermeintlich nicht ändern können, passen sie ihre Einstellungen an, um sich wieder gut zu fühlen (Kapitel 2).
Lösung mit S: Wenn es einfach (englisch: simple) ist, das eigene Verhalten zu ändern, wird es unnötig, die störende Dissonanz aufzulösen. Es ist deshalb wichtig, gesellschaftliche Standards und Erwartungen zu ändern und auch alltägliche Rahmenbedingungen, damit man sich mühelos und routiniert klimafreundlich verhalten kann. Dann erfordert Verhaltensänderung auch keine permanenten Entscheidungen mehr.
Leugnen (englisch: denial): Menschen ignorieren Fakten und Erkenntnisse oder wehren sie ab, wenn diese bei ihnen Dissonanz, Angst oder Schuldgefühle auslösen oder als Angriff auf Freiheit und Lebensstil aufgefasst werden (Kapitel 2).
Lösung mit S: Hier helfen klare Signale, dass eine klimafreundliche Zukunft möglich ist, ohne dass jemand unmöglich erscheinende Opfer erbringen muss oder abgehängt wird. Hierbei kann es helfen, Perspektiven und Indikatoren zu ändern, etwa Wohlergehen zu erfassen, statt (materiellen) Wohlstand und dessen Wachstum zu feiern.
Stoknes fasst unter diesem Punkt psychologische Mechanismen zusammen, die bei Menschen wirksam werden, wenn sie ihre Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe und damit ihre Identität nicht gefährden möchten (Kapitel 2).
Lösung mit S: Geschichten (englisch: stories) zu erzählen, fördert Empathie und unterläuft gesellschaftliche oder politische Polarisierung, die verfeindete Gruppen entstehen lässt. Sie fördern außerdem sozialen Austausch, wobei sich der Kreis zum ersten „S“ schließt (Kapitel 11).
Per Espen Stoknes erklärt das alles auch in einem sehenswerten Vortrag, gehalten auf einer TED-Konferenz im Sepember 2017.
Bevor es in einzelne Details und Hintergründe geht, hier schon mal ein paar – ziemlich einfache – Grundregeln fürs positive Kommunizieren:
Mehr Details zu diesen und weiteren Tipps finden Sie in der Langfassung dieses Kapitels – Sie können es mit einem Klick hier als PDF herunterladen.
Diese Tipps helfen auch bei der selbstverständlichen Aufgabe, höflich und respektvoll zu bleiben und konstruktiv zu kommunizieren. Wer sich über die Argumente von Gegner:innen lustig macht, wer den Menschen im Publikum das Gefühl gibt, sie seien schlecht informiert oder gar dumm, dem verschließen sich sehr schnell sehr viele Türen. Eine solche Reaktion nennt die Psychologie Reaktanz: Druck von außen verstärkt die inneren Widerstände (siehe Kapitel 2).
Reaktanz entsteht übrigens nicht nur, wenn Menschen sich persönlich angegriffen fühlen. Auch Unbeteiligte wenden sich ab, wenn sie Zeug:in einer Szene werden, in der Menschen ihrem Empfinden nach unangebracht und ungerechtfertigt zurechtgewiesen werden. Das zeigte zum Beispiel 2017 die Studie eines Teams um Katherine Steentjes von der University of Cardiff (hier ein Bericht dazu auf klimafakten.de). Menschen tolerieren einen Verstoß zum Beispiel gegen die Höflichkeit demnach nur, wenn sie den Eindruck haben, der Regelbruch dient dazu, ein höheres Gut zu schützen. Das ist beim Kampf gegen Rassismus der Fall, aber beim Klimaschutz offenbar (noch) nicht.
Um Reaktanz oder ungewollte Solidarisierung zu vermeiden, sollte man auch mit dem Wort „Leugner:in“ und ähnlichen Bezeichnungen zurückhaltend umgehen. Dieses Etikett polarisiert und stempelt ab. Es mag gut tun, einen klaren Ausdruck für einige der professionellen Verbreiter:innen von Lügen und Fehlinformation zu benutzen. Man kann damit Dampf ablassen, sich nebenbei selbst aufwerten. Aber das Risiko ist groß, damit Menschen vor den Kopf zu stoßen, die vielleicht tatsächlich nur Fragezeichen im Kopf haben.
Besser als von „Leugnen“ zu sprechen, sind Formulierungen wie „Abwehr wissenschaftlicher Erkenntnisse“ oder „Problem mit der Anerkennung der Klimakrise“ – und dann gleich Auswege anzubieten. Versuchen Sie also, den Widerstand zu umgehen, statt ihn brechen zu wollen. Stures Recht-Behalten-Wollen, mahnt auch Per Espen Stoknes, ist in der Kommunikation praktisch immer ein Problem.
Debatten über Klimawandel, Klimakrise, Klimaschutz haben allzu oft eine ähnliche Dynamik: verhärtete Fronten, feste Feindbilder, das Lauern auf Worthülsen beim Gegenüber, die man dann mit seinen eigenen beantwortet. Wir sollten alles uns Mögliche tun, um diese (vom Publikum oft bereits erwartete) Dynamik zu brechen oder gar umzukehren.
Rechnen Sie stets damit, dass viele der Menschen, die Ihnen gegenübersitzen, von Ihrer Kampagne hören, Ihre Texte lesen, aufmerksam nach Anzeichen von Bevormundung oder Freiheitseinschränkungen suchen, die Klimaaktiven so gern unterstellt werden. Finden sie solche Anzeichen, dann beherrschen schnell Assoziationsketten und Bedeutungsrahmen das Denken Ihres Gegenübers, die vorherige schlechte Erfahrungen und Angriffe auf die eigene Person und Lebensweise nach oben spülen.
Das hemmt dann nicht nur das genaue Zuhören und Lesen, es reduziert vor allem die geistige Beweglichkeit des Publikums. Die ganze Komplexität des Themas lässt sich dann nicht mehr ausreichend darstellen. Dies begünstigt ein brüskes Reagieren auf wahrgenommene Stereotypen und beschleunigt Konflikt und Polarisierung.
Visionen einer besseren Zukunft
Das Motto zum Inhalt positiver Kommunikation könnte lauten: „Eine Zukunft, die es wert ist, dass wir uns dafür entscheiden“. Dies ist eine Übersetzung des Untertitels eines UN-Berichts von 2012 namens Resilient People, Resilient Planet – A future worth choosing. Dort wird im Vorwort auf die „außerordentliche Gelegenheit“ verwiesen, in der globalen Krise des nachhaltigen Wirtschaftens „dauerhaften Fortschritt“ zu erreichen (auf die lange Reihe von Lösungsansätzen komme ich in der ausführlichen Fassung von Kapitel 10 zurück).
Dieser Perspektivwechsel kann nicht nur den Eindruck verhindern, beim Klimaschutz gehe es immer nur um Verzicht und Einschränkung. Er widerspricht auch dem Gefühl des ewigen Scheiterns, das viele Berichte und Gespräche über die Klimakrise auslösen können. Im Gegensatz zu traditionellen journalistischen Medien erzählen viele Menschen Geschichten von Erfolg und Fortschritt, besonders aber von Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft sehr gern weiter – heutzutage zum Beispiel auch auf Twitter, Instagram oder Facebook.
Der Sozialpsychologe Harald Welzer von der Stiftung FuturZwei plädiert sogar dafür, das Wort „Klima“ in der Klimawandelkommunikation wo immer möglich zu meiden und stattdessen andere Aspekte und positive Entwicklungen des Klimaschutzes (Co-Benefits) zu betonen.
„Plakativ gesagt: Eine autofreie Stadt wäre auch dann gut, wenn es keinen Klimawandel gäbe. Wäre es nicht schön, wenn der sich bewegende Mensch zur entscheidenden Planungsgröße in der Stadt würde?“
Die möglichen Vorteile sind klar zu erkennen: Dann gäbe es breitere Fuß- und Radwege, mehr Grün, weniger Lärm und Luftverschmutzung, davon profitierten alle. Welzer hat solche Utopien in seinem Buch Alles könnte anders sein gesammelt, das er im Vorwort als „positives Buch“ charakterisiert.
Ein solcher zuversichtlicher Blick in die Zukunft fällt vielen Menschen schwer, weil sich Blockaden und Schwierigkeiten gern ins Zentrum der Aufmerksamkeit drängen. Aber diesem vermeintlichen Automatismus bewusst etwas entgegenzusetzen, lohnt sich, und es gibt viele Vorbilder und Hilfsmittel. So hat etwa der australische Umweltschützer und Ex-Greenpeace-Geschäftsführer Paul Gilding 2012 ein Buch namens Die Klimakrise wird alles ändern – und zwar zum Besseren veröffentlicht. Er beschreibt darin, wie die globalen Veränderungen uns als Menschheit dazu bringen, weltweit zu kooperieren und unser Handeln zu koordinieren. „Jetzt da wir alle miteinander verbunden sind, können wir, wenn wir alle gemeinsam handeln, das System verändern. Wird uns das gelingen? Ja, wenn wir uns dazu entschließen.“
Das Zentrale bei all diesen Aussagen ist, den Menschen in unserem Publikum Lust auf eine veränderte, aber attraktive und vor allem nach unseren Wünschen zu gestaltende Zukunft zu machen.
Bevor wir mit Theorie weitermachen, haben Sie vielleicht Lust auf eine kleine Lockerungsübung? In der Langfassung dieses Kapitels (hier mit einem Klick als PDF herunterladen) finden Sie auf Seite 4 die Anleitung zu einem Mitmach-Experiment – sie brauchen dafür lediglich einen Bleistift und Ihren Mund. Nur so viel sei verraten: Es geht bei der Übung um die Erfahrung (beziehungsweise den Versuch, Sie erfahren zu lassen), dass das äußere Verhalten eines Menschen sein Inneres beeinflusst.
Wie Erwartungen wirken
In der sogenannten positiven Psychologie ging es ursprünglich darum, das Fach aus dem ewigen Kreisen um Krankheiten, Ausfällen und Schäden zu lösen und auf (individuelles) Wohlergehen, Erfolg und Werte auszurichten. Die Vertreter:innen propagierten damit eine kognitive Umkehr, wie sie auch Stoknes am Anfang dieses Kapitels für die Klimakommunikation forderte. Das Ziel ist nicht mehr, Probleme zu benennen und bestenfalls zu beheben, sondern etwas Neues, Besseres zu erreichen.
Auch die Soziologie beschäftigt sich inzwischen damit, wie geteilte Vorstellungen von der Zukunft das Handeln in der Gegenwart prägen. In seinem Buch Imaginierte Zukunft beschreibt Jens Beckert, Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, wie Menschen fiktionale Erwartungen bilden und zur Grundlage ihres Handelns in der Gegenwart machen – so, als sei der Inhalt der Vision bereits erfüllt. Solche gemeinsamen Vorstellungen könnten „eine radikale Abkehr von der Gegenwart darstellen und eine kreative und stimulierende Kraft der Wirtschaft werden“, so der Soziologe.
Der Blick auf die Zukunft ist eine Möglichkeit, beim Publikum die Erwartung zu nähren, dass eine positive, klimafreundliche Zukunft erreichbar und wünschenswert ist. Wir ändern mit diesem Optimismus langsam die Dynamik der Kooperation. Dazu schrieb Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts, vor gut zehn Jahren in einem „optimistischen Essay“:
„Menschen tendieren dazu, auf positives Verhalten anderer positiv und auf negatives Verhalten negativ zu reagieren.“
Kritik 1: Wo bleibt das Radikale?
Der Aufruf zu positivem Denken und positivem Kommunizieren wird bisweilen aber auch kritisiert. Die Vorwürfe lauten dabei beispielsweise:
Mit diesen und weiteren Kritikpunkten setzt sich detailliert die Langfassung dieses Kapitels auseinander (Sie können es mit einem Klick hier als PDF herunterladen) – an dieser Stelle nur einige kurze Anmerkungen.
Die Umweltbewegung hat in den vergangenen Jahrzehnten durch radikalen Protest und zivilen Ungehorsam viel erreicht. Sollen wir dieses Aktionsmittel aufgeben, weil wir niemanden vor den Kopf stoßen, freundlich bleiben und auf Konsens setzen wollen? Nein, das wäre ein Missverständnis. Aber es ist hilfreich, sich genau zu überlegen, welche Rolle radikaler Protest in einer sozialen Bewegung spielen kann, die breit und inklusiv sein will (dem dient ja das Positiv-Sein).
Adam Corner und Jamie Clarke charakterisieren in ihrem Buch Talking Climate die Rolle von erfolgreichem radikalen Protest so: Er „eröffnet neuen politischen ,Raum‘, in den sich der Mainstream dann hineinbewegt“. Es geht also darum, dem Umschwung den Weg zu bereiten. Entschiedene Aktionen, die den momentanen Rahmen sprengen, sollen demnach den gesellschaftlichen Wandel ergänzen und nicht bedrohen. Dazu muss das Neue aber für die Mehrheit auch irgendwann akzeptabel werden und darf nicht so wirken, als würden elementare Bedürfnisse nicht mehr befriedigt – indem zum Beispiel sichere Jobs oder der Wunsch nach einem Jahresurlaub im Süden nichts zählen.
Wichtig ist demnach ein Dreischritt: deutlich gegen Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen eintreten, Alternativen aufzeigen und schließlich deren Attraktivität belegen.
Sind positive Botschaften Augenwischerei, die den Ernst der Lage beschönigen? Diesen Vorwurf hat David Spratt erhoben, ein australischer Klimaaktivist und Co-Autor eines Buchs über Klimaschäden (Climate Code Red). Er spricht von „Brightsiding“, das ist übersetzt eine Art Überrumpeln durch Blenden. „Brightsiding“ bestehe darin, seinen persönlichen Blick auf die Umstände auf „freundlich“ zu stellen, wenn man meint, man habe sowieso keinen Einfluss auf diese Umstände. Man nehme dann etwas objektiv Negatives wenigstens subjektiv als positiv wahr. Wer das tut, fokussiert auf gute Meldungen und unterdrückt schlechte Nachrichten.
Dieser Vorwurf hat sich vor allem an einem Strategiepapier einer britischen Kommunikationsagentur namens Futerra von 2009 entzündet. „Der Klimawandel ist heute nicht mehr ein Problem der Wissenschaftler, sondern der Verkäufer“, hatten die Marketing-Leute da geschrieben. Die „Vision eines low-carbon-Himmels“ müsse begehrenswert sein, die Beschreibung aufgepeppt werden und schon im ersten Satz mitreißen. Die ernsten Gefahren der Klimakrise, also der „Hölle“, werden dann nur noch kurz erwähnt, um die Entscheidung zwischen beiden Alternativen zu erleichtern.
Zwischen der überkandidelten Verkaufsrhetorik von Futerra und Spratts Beharren auf der aufrüttelnden Kraft düsterer Warnungen könnte der Mittelweg zum Erfolg führen. Im erwähnten Buch Talking Climate schreiben Adam Corner und Jamie Clarke:
„Ein unablässiges (und unauthentisches) positives Framing des Klimawandels ist genauso wenig hilfreich wie eine übermäßig pessimistische Bewertung der Situation. Eine authentisch positive Darstellung ist konstruktiv, aber behauptet auch nicht, dass alles gut gehen wird.“
Tatsächlich haben Botschaften über den Fortschritt im Klimaschutz, die Optimismus und Hoffnung wecken, in manchen Studien einen Nachteil offenbart: Sie können Menschen in falscher Sicherheit wiegen und ihre Motivation bremsen, sich zu engagieren.
Die australischen Psycholog:innen Kelly Fielding und Matthew Hornsey berichteten zum Beispiel 2016 von einem Experiment. Dabei zeigte sich, dass die Teilnehmer:innen nach Lektüre von schlechten Nachrichten über die Entwicklung der globalen Emissionen mehr Motivation besaßen, den eigenen Treibhausgas-Ausstoß zu reduzieren, als jene Proband:innen, die eine positiver gefassten Text gelesen hatten. Anscheinend hatte die gute Botschaft die Bereitschaft reduziert, sich zu engagieren – das Forschungsteam nannte den Effekt „complacency“, also Selbstzufriedenheit.
Zu dieser Studie muss man aber anmerken, dass der gelesene Text keine Lösungsansätze erwähnte. Eine gute Botschaft wurde also nicht in Beziehung zum eigenen Handeln gesetzt – so konnte sie leicht als Entwarnung verstanden. Jedenfalls dürfen gute Nachrichten nicht die falsche Hoffnung vermitteln, die Klimakrise würde ohne eigenes Zutun verschwinden.
Dies stellte auch eine Arbeitsgruppe um Jennifer Marlon von der Yale University in einem Forschungsaufsatz fest. Dass Menschen den Wunsch hegen, Hoffnung zu haben, sei verständlich, und Botschaften über realistische Lösungsansätze könnten diesen Wunsch auch direkt ansprechen. „Die Kommunikation sollte sich darauf konzentrieren, konstruktive Hoffnung zu wecken“, so das Fazit. Dabei ist das Konstruktive an der Hoffnung, dass sich Menschen für fähig halten, unbestrittene Probleme und Hindernisse zu überwinden. Falsche Hoffnung hingegen, so das Forschungsteam, müsse man dämpfen.
Hoffnung ist auch für viele Klimaaktivist:innen ein schwieriges Thema. Vielleicht geht es Ihnen ja auch so, dass Sie sich manchmal fragen, ob das mit dem Klima überhaupt noch gut ausgehen kann. Solche Zweifel wirken angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse bisweilen berechtigt; sie sind menschlich – können aber zugleich ziemlich erschrecken.
Wie aber schaffen wir es, in Sachen Klimakrise trotzdem weiterzumachen und gar in der Kommunikation nach außen positive Botschaften in den Mittelpunkt zu rücken? Mit sozialen Kontakten, Hoffnung und Entschlossenheit. Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass selbst die Zwei-Grad-Grenze des Pariser Abkommens nicht mehr zu halten ist, dann kämpfen wir eben dafür, die Erderhitzung bei 2,1 Grad Celsius zu stoppen. Oder für konkreter definierte Erfolge – auch wenn wir nicht sicher sein können, ob es uns gelingen wird. „Hoffnung ist der Glaube, dass unser Tun Bedeutung hat, auch wenn wir nicht wissen, wie oder wann, für wen oder was“, sagt Rebecca Solnit, Autorin des Buchs Hope in the dark in einem Gastbeitrag für den Guardian.
Und Per Espen Stoknes ergänzt: „Hoffnung wurzelt in unserem Sein. (…) Ich muss nicht daran glauben, dass alles gut enden wird, um zu handeln. Das Gehen und Tun sind ihr eigener Lohn.“
Sie haben %OSCORE% von %MSCORE% Antworten richtig getippt.
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Eine Rezension von Klimafakten.de des Buches What we think about when we try not to think about global warming von Per Espen Stoknes
Der Rat für nachhaltige Entwicklung muss schon qua Auftrag optimistisch sein. Das Gremium drängte zum Beispiel Ende 2020 darauf, mitten in der Coronakrise die Weichen für ein Jahrzehnt der Nachhaltigkeit zu stellen.
Interview im Magazin Rolling Stone mit der Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan von Januar 2020: Europa, Frauen und jungen Leute sind Gründe, im Kampf gegen die Klimakrise optimistisch zu sein.
Optimismus könnte ein Denkfehler sein, sagt und schreibt die Gehirnforscherin Tali Sharot – aber einer, der der Menschheit einen evolutionären Vorteil geboten hat und bietet. Hier als Text oder Ted-Talk
Wie man „mehr aus seinem Leben herausholt“, und zwar auf der Basis empirischer Studien, zeigt der Sammelband Flourishing aus dem Jahr 2003 von Corey Keyes und Jonathan Haidt.
Eine ziemliche Gegenposition zur positiven Psychologie oben ist die „Soziologie des Verlusts“. Dort geht es darum, was wir verlieren könnten und loswerden sollten. Autorin ist Rebecca Elliot von der London School of Economics.
Dieses Kapitel gibt es – wie alle anderen Kapitel – in jeweils zwei Fassungen: