Der verbreitete Eindruck, das Problem sei zu groß, um (allein) etwas dagegen tun zu können, ist eine starke psychologische Barriere bei der Kommunikation zu Klimawandel und Klimaschutz. Deshalb ist es wichtig, das Selbstwirksamkeitsgefühl zu stärken – also die Einsicht, dass jede:r von uns durchaus Handlungsoptionen hat. Dies kann gelingen, wenn Menschen brauchbare, im besten Fall sogar attraktive Lösungen und Handlungsmöglichkeiten erkennen. Aber Vorsicht: Man darf dabei nicht in Technikgläubigkeit verfallen oder den Rebound-Effekt übersehen. Dass alle Mühe lohnt, zeigt die psychologische Forschung.
Die Zeit-Journalistin Petra Pinzler und ihr Ehemann Günther Wessel beschreiben in ihrem Buch Vier fürs Klima, wie sie und ihre beiden Kinder ein Jahr lang versuchen, den eigenen Treibhausgas-Ausstoß zu drücken. Es geht vom Essen über Schul- und Arbeitswege in Berlin, den Kleiderschrank und die Urlaubsreise bis zu den Weihnachtsgeschenken. Am Ende sind die Jahresemissionen der Familie von 42 auf 29 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente gesunken.
Das ist fast ein Drittel – einerseits ein Erfolg. Andererseits sind 29 Tonnen für vier Personen immer noch viel zu viel, um die Klimaziele aus dem Pariser Abkommen noch erreichen zu können. Und die Mühen schon für dieses Ergebnis waren groß, wie das Buch anschaulich beschreibt. Neben persönlichen Verhaltensänderungen ist also auch Druck auf die Politik gefragt, um die Rahmenbedingungen zu verändern.
Aber wie schafft man es, angesichts dieser großen Aufgaben nicht den Mut zu verlieren? Indem man auf Lösungen für die Klimakrise schaut. Und die gibt es – man muss sich nur umsehen.
Mit Lösungen einsteigen
Die psychologische Bedeutung konkreter Handlungsoptionen kann nicht überbetont werden: Wer keinen Ausweg aus der Krise sieht, wer sich als hilfloses Objekt globaler Veränderungen erlebt, der neigt dazu, zu bestreiten, dass es überhaupt ein Problem gibt. Und mangels Wissens erscheint es vielen Menschen so, als würde zugunsten des Klimas von ihnen eine inakzeptable oder gar praktisch unmögliche Umstellung ihres Lebens verlangt. Apathie, Resignation oder aktiver Widerstand können die Folge sein.
All dem entziehen wir den Boden, wenn wir die Menschen erkennen lassen, wie sie etwas beitragen können zum Klimaschutz – und zwar so, dass es sich nicht wie Verlust oder Verzicht anfühlt. Stattdessen erleben sie sich selbst als aktiv und wirksam. Sie werden wieder zum handelnden Subjekt, und sie empfinden im besten Fall Gemeinschaft und Stolz.
Der schon häufig erwähnte Ratgeber der Arbeitsgruppe CRED an der New Yorker Columbia University schlägt vor, in die Klimakommunikation jeweils mit dem Vorschlag einer Lösung einzusteigen. Diese Vorschläge müssten sorgfältig auf das Publikum abgestimmt werden, insbesondere zu den geteilten Werten und Normen (Kapitel 3 und Kapitel 4) der Zielgruppe passen und diese Werte und Normen möglichst noch stärken und bekräftigen. Außerdem seien Lösungsansätze in einer strengen Hierarchie von lokal zu global vorzustellen und zu erweitern. Solche Visionen müssen zudem möglichst konkret sein.
„Große Umbrüche sind nur möglich, wenn Menschen sich die neuen Zukünfte und Wege dorthin vorstellen können“,
schrieb Dirk Messner, inzwischen Präsident des Umweltbundesamts, vor gut zehn Jahren in einem „optimistischen Essay“. Das entscheidende Gefühl, das Sie selbst entwickeln und Ihrem Publikum vermitteln sollten, ist folgendes: Wir können alle etwas tun, wir können die erlernte Hilflosigkeit abschütteln, uns die Kontrolle zurückholen, gemeinsam und voneinander lernen und Vorbilder für andere sein.
Um Lösungen in den Mittelpunkt stellen zu können, muss man sich selbst erst einmal mit ihnen vertraut machen. Wir werden uns darum in diesem Kapitel zunächst Beispiele von Lösungsansätzen ansehen. Dann geht es um Kriterien, mit denen wir gute, erfolgversprechende Ansätze beurteilen können. Und am Schluss um die Frage, ob Gutes womöglich auch Schwachstellen hat und systematisch Rückschläge nach sich zieht.
Beginnen könnte die Suche nach Lösungen dort, wo ein Großteil der Gesellschaft (und auch von Politik und Wirtschaft) sie vermutet: bei der (Energie-)Technik. In einer Erhebung für das Umweltbundesamt 2016 nannten es 69 Prozent der Befragten „sehr wichtig“, neue umweltfreundliche Technologien zu entwickeln (hier der Link zu einer vertiefenden Studie). Vielen Teilnehmer:innen war aber auch klar: Technik allein wird uns nicht aus der Krise führen. Darum bezeichneten auch beachtliche 52 Prozent der Befragten die Suche nach weniger belastenden Lebensweisen als „sehr wichtig“.
Bei der Suche nach Lösungsansätzen gibt es noch eine weitere wichtige Zweiteilung: Bei technischen Lösungen geht es oft um Strategien zur Reform des (Wirtschafts-)Systems, die von oben nach unten („top-down“) umgesetzt werden sollen. Die Gegenposition dazu ist eine Transformation, die grundlegende Neuorientierung unserer Lebensweise, gewachsen mit viel Kreativität von unten nach oben („bottom-up“).
Und noch eine dritte wichtige Unterscheidung sollten Sie bei der Suche nach und Analyse von Lösungen kennen: Technische Optionen zielen in der Regel darauf, das Angebot (von Energie, Produkten und Dienstleistungen) zu verbessern, etwa Fahrten von A nach B, warmes Wasser, gestreamte Filme, importierte Tropenfrüchte. Dies läuft auf ein Fortsetzen des gewohnten Lebens hinaus, nur eben mit anderen Mitteln. Demgegenüber werden in Diskussionen oft solche Lösungen vernachlässigt, die gleichzeitig die Nachfrage (nach Energie, Gütern oder Dienstleistungen) reduzieren.
Solche „Demand-Side Solutions“ gehen weit über das klassische Energiesparen hinaus. Sie bestehen hauptsächlich aus politischen Entscheidungen zum Beispiel über die Infrastruktur und Raumordnung von Städten, die beispielsweise mit Parkgebühren und einer City-Maut flankiert werden können. Aber auch aus individuellen Entscheidungen über das Alltagsverhalten, etwa über Urlaubsziele oder die Einstellung des Thermostats im Badezimmer.
Die Wissenschaft hat bisher erstaunlich wenig Aufmerksamkeit auf „Nachfrage“ gelegt. Und die Politik lässt in ihrer Sorge um Wählerstimmen die Finger von Entscheidungen, die vermeintlich die Freiheit der Bürger:innen einschränken. Viel bequemer ist es, diesen eine individuelle Verantwortung für ein nachhaltiges Leben und klimaschonenden Konsum zuzuweisen.
Tatsache ist: Ohne eine im Grundsatz veränderte Technik kommen wir nicht aus. Um darüber hinaus begründen zu können, warum eine nicht-technische Lösung jeweils möglicherweise noch zielführender ist, muss man erst einmal die konventionellen und technischen Ansätze kennen, von denen beim Thema Klimaschutz immer die Rede ist.
Mehr zu diesem Punkt wie auch zu vielen anderen in der Langfassung dieses Kapitels – Sie können es mit einem Klick hier als PDF herunterladen.
Ausschließlich auf Technik zu setzen, nennt man „solutionism“ (zu Deutsch: „Technikgläubigkeit“). Das Grundproblem dabei ist, dass das Hoffen auf technologischen Fortschritt das Handeln in die Zukunft verschiebt – die Technik aber dann womöglich gar nicht „liefern“ kann, weil Probleme und Hindernisse bei der Umsetzung unterschätzt wurden. Zudem blendet solutionism regelmäßig die sozialen Faktoren aus, also die Gewohnheiten, Erwartungen und den Widerstand der Menschen.
Hinzu kommt: Die konventionelle Vision von „grüner Technik“ weist große Lücken auf. Richtet man sich nur nach den belegbaren Zahlen, wie es das Team des internationalen Projekts Drawdown (zu Deutsch etwa: „Absenkung“) getan hat, müsste man andere Prioritäten setzen.
Hier sehen Sie eine Liste möglicher Klimaschutzmaßnahmen. Versuchen Sie, die Optionen danach zu ordnen, welche am meisten Einsparungen brächten.
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Sie haben die Übung selbst probiert und wünschen sich eine Auflösung?
Die finden Sie hier:
Hinweis: Die hinter der Maßnahme befindliche Zahl gibt das Einsparpotential an (2020 – 2050 in Gigatonnen CO2-Äquivalente; zum Vergleich, der weltweite Ausstoß beträgt zurzeit etwa 40 Gto CO2-eq pro Jahr).
Bei Interesse finden Sie hier die gesamte Tabelle (aus dem Bericht von 2020).
Auch von dieser Übung gibt es eine ausführlichere Version in der Langfassung dieses Kapitels – hier mit einem Klick als PDF herunterladen.
Der systematische Blick zeigt: Die Menschheit müsste viel mehr auf Klimaschutz-Optionen achten, die bisher in der Debatte vernachlässigt sind – etwa die Kältemittel in Klimaanlagen und Kühlschränken. Hier lässt sich zwischen 2020 und 2050 eine Treibhauswirkung von mehr als hundert Milliarden Tonnen Kohlendioxid einsparen – das entspricht ungefähr dem Ausstoß der gesamten Weltwirtschaft (!) innerhalb von zweieinhalb Jahren. Hingegen kommen alle (technischen) Maßnahmen im Transportsektor zusammen nicht annähernd an die Kältemittel heran; die gehypten Elektroautos erreichen bestenfalls ein Sechstel des Potenzials der Kühltechnik.
Die eigentliche Botschaft des Projekts lautet: Die größten Hebel haben nichts oder nicht primär etwas mit Hochtechnologie zu tun. Laut den Drawdown-Berechnungen lassen sich etwa sieben Jahre heutiger Emissionen einsparen, wenn die Menschheit geschädigte Wälder und Landflächen wiederherstellt. Das kann mittels Aufforstung und eines Wiedervernässens von Mooren geschehen, aber auch mit dem Abschied von Raubbau und Monokulturen sowie dem Schwenk zu Methoden der Landwirtschaft, die das Einlagern von Treibhausgasen in Boden und Vegetation begünstigen. (Alle Ergebnisse des Projekts Drawdown finden Sie hier übersichtlich in Tabellenform.)
Die Stiftung Klimaneutralität hat eine Reihe von Forschungsinstituten skizzieren lassen, wie Deutschland bis 2050 netto keine Treibhausgase mehr ausstoßen könnte. Die wesentlichen Instrumente sind mehr erneuerbare Energiequellen, starke Einsparungen im Verkehrs- und Häusersektor und der forcierte Einsatz von regenerativ erzeugtem „grünem“ Wasserstoff. Landwirtschaft und Boden tragen durch weniger Tiere und weniger Dünger drei Prozent zur angepeilten Einsparung bei.
Geschichten des Gelingens
Drehen wir nun die Perspektive um und schauen von unten. Es gibt ungezählte Ideen und Initiativen sowie Vereine und Firmen, die einfach mal machen, ohne auf irgendwelche Erfindungen zu warten, auf Weichenstellungen der großen Politik oder globaler Konzerne. Hunderte solcher „Geschichten des Gelingens“ hat die Stiftung FuturZwei in einem „Zukunftsarchiv“ gesammelt. Viele haben etwas mit Umwelt oder Klima zu tun, hier einige Beispiele:
Die WIR-Bank ist ein genossenschaftliches Institut mit Sitz in Basel. Gegründet 1934 fördert sie regionale Wirtschaftskreisläufe, indem sie kleinen und mittelständischen Betrieben besonders günstige Finanzierungsbedingungen bietet. Mehr Infos
Josef Zotter bezeichnet sich als „Chocolatier, Bio-Landwirt und Andersmacher“. In seiner Manufaktur in Riegersburg in der Steiermark stellt er ausgezeichnete Schokolade aus ökologisch erzeugten und fair gehandelten Kakaobohnen her. Mehr Infos
Bienen und andere bestäubenden Insekten sind bedroht, intensiver Ackerbau macht ihnen auf dem Land das Leben schwer. Großstadt-Imker der Initiative „Berlin summt“ verschaffen ihnen neue Lebensräume in der Großstadtnatur, bspw. auf dem Berliner Dom. Mehr Infos
Es gibt zahlreiche solcher Beispielsammlungen: Eine ähnliche mit Schwerpunkt Österreich bietet die Webseite Climate Action Stories, getragen von der Arnold-Schwarzenegger-Klimainitiative des Actionfilm-Stars und Politikers. Das deutsche Netzwerk 21 führt ein Verzeichnis lokaler Nachhaltigkeits-Initiativen mit dem Fokus Klimaschutz, das Transition Movement präsentiert ebenfalls eine Sammlung von Erfolgsgeschichten. Das UN-Klimasekretariat hat eine Best Practice-Sammlung herausgegeben, und bei der Organisation C40, die globale Metropolen vertritt, ist eine Reihe von Ratgebern erschienen.
Eine weitere Quelle für Anregungen ist die umfangreiche Sachbuch- und Ratgeber-Literatur, hier nur einige Empfehlungen: Esther Gonstallas Das Klimabuch – Alles, was man wissen muss in 50 Grafiken widmet elf Doppelseiten dem Thema Lösungsansätze. Der Romanschriftsteller Jonathan Safran Foer stellt Lebensmittel und Ernährung in den Mittelpunkt seines Werks Wir sind das Klima. Er schlägt vor, zunächst bei zwei Mahlzeiten am Tag, Frühstück und Mittagessen, auf tierische Produkte zu verzichten, und sagt:
„Unsere Ernährung umzustellen, wird nicht ausreichen, um die Erde zu retten. Aber wir können sie nicht retten, ohne uns anders zu ernähren.“
Stärker theoretisch angelegt sind zum Beispiel die Bücher von Christian Felber (Gemeinwohl-Ökonomie), Maja Göpel (Unsere Welt neu denken) und Kate Raworth (Die Donut-Ökonomie). Sie beschäftigen sich mit den politischen Rahmenbedingungen und Zielen des Wirtschaftslebens und fordern eine Neuorganisation – weg vom Eigennutz, aus dem nach (neo)klassischer ökonomischer Theorie irgendwie und irgendwann Fortschritt und Wohlstand für alle erwachsen soll, und hin zu einem Fokus auf Gemeinwohl im Rahmen der planetaren Grenzen.
In Nischen die Zukunft vorwegnehmen
Wir müssen aber nicht auf den großen Wurf warten. Für die Haltung, kleine Schritte bei der Suche nach Lösungsansätzen ernstzunehmen, gibt es starke Argumente aus der Soziologie, genauer, aus der Untersuchung sozialer Bewegungen. Der Begriff „prefigurative politics“ meint dort, in der politischen Auseinandersetzung wie im eigenen Leben die sozialen Beziehungen, Entscheidungen, Verhaltensweisen und menschlichen Erfahrungen vorwegzunehmen, die das größere Ziel der Bewegung sind. Dieses Vorgehen hat etwa in der Umweltbewegung eine lange Tradition. Es kann zudem, wie es der Soziologie Ted Benton von der University of Essex ausdrückte, „in den Nischen der existierenden Gesellschaft Eindrücke davon vermitteln, was sich mit größerem sozialen Wandel erreichen lässt.“
Aber wie erreichen Lösungen schließlich die Breite der Gesellschaft? Dazu gibt es zwei Studien im Auftrag des deutschen Umweltbundesamts, die das beim Thema Nachhaltigkeit untersuchen. Die erste Untersuchung von 2015 hat 160 Initiativen aus der Datenbank der Stiftung FuturZwei und einige historische Beispiele analysiert. Dabei trifft sie Aussagen vor allem mit Blick auf Ideen, die sich am Markt bewähren müssen. Das Ergebnis: Anhänger oder Kundinnen gewinnen diese oft nicht so sehr, weil die vorgeschlagenen Lösungen nachhaltig sind, sondern weil sie praktikabel und vorteilhaft wirken.
Eine zweite Studie von 2019 hat Kriterien entwickelt , wie sich Nachhaltigkeits-Initiativen aus der Zivilgesellschaft bewerten lassen. Dabei ging es nicht um ihre wirtschaftlichen Aussichten, sondern vor allem um die Frage, wie groß das Transformationspotenzial ist. Die Untersuchung formulierte 24 Leitfragen, mit denen sich beurteilen lässt, welche Aussicht auf Wandel und Erfolg besteht. Sie lauten zum Beispiel:
Diese Prüfkriterien helfen dabei, Projekte und Lösungsansätze gründlich zu durchleuchten, bevor man sich entscheidet, sein Herzblut für eine Idee aufzuwenden – oder sie offensiv zu kommunizieren.
Moderate Lösungen und zeitnahes Feedback
Ein weiteres Prüfkriterium nennt Dominic Hofstetter vom Europäischen Institut für Technologie: Erfolg versprechen Lösungsansätze, wenn sie auf moderate Veränderung angelegt sind und nicht auf ein starres Entweder-Oder setzen. Man könne Menschen viel eher dazu bewegen, weniger Lebensmittel tierischen Ursprungs zu essen als keine, oder seltener zu fliegen als überhaupt nicht.
Der Effekt, in diesem Fall die erzielte Einsparung an Treibhausgasen, kann laut Hofstetter bei einem moderaten Vorschlag sogar größer sein als bei einem radikaleren – weil mehr Menschen mitmachen, die sich nicht vorstellen können oder wollen, nie mehr in eine Wurst zu beißen oder nie mehr ein Flugzeug zu besteigen. Sie müssen dann nicht gefühlt ihre Freiheit verteidigen, sondern können versuchen, pragmatisch zu handeln und ihren Beitrag zu leisten.
Ein weiteres Kriterium guter Lösungsansätze könnte sein, dass sie eine zeitnahe und effektive Rückmeldung vorsehen. Etliche psychologische Studien haben gezeigt, dass Feedback über das eigene Verhalten die Disziplin beim Recycling oder das Bemühen um einen niedrigen Wasser- oder Energieverbrauch am Arbeitsplatz steigern kann. Vor allem wenn dabei der Vergleich zu Nachbarn, Kolleginnen oder anderen Gruppen gezogen wurde.
Rebound und andere Effekte
Abschließend muss es noch um die Frage gehen, ob gute Lösungsansätze immer auch gute Folgen haben. Dazu ein Blick auf einige englische Fachbegriffe aus psychologischen Studien. Sie alle betreffen die Frage, was nach einer ersten umwelt- oder klimafreundlichen Handlung passiert: Macht die Person auf diesem Wege weiter oder nicht?
Reden hilft
Es kann helfen, solche verbreiteten Denkfehler humorvoll und mit menschlicher Wärme anzusprechen und offenzulegen. Das CRED-Team empfiehlt zum Beispiel, vor einer Gruppe um Handzeichen von denen zu bitten, die zuhause Glühbirnen durch LED-Lampen ausgetauscht haben. Dann von denen, die abends ihren Computer oder den Fernseher ganz ausschalten, statt das Gerät im Standby zu lassen. In beiden Fällen dürften sich etliche Menschen im Publikum melden, aber die Zahl geht vermutlich deutlich zurück, wenn wir fragen, wer denn beides gemacht hat. Anhand dieses Beispiels können wir beginnen, einige der psychologischen Hemmnisse zu erklären – und dadurch zu entschärfen.
Wichtig ist auch, bei der Beurteilung von Lösungsoptionen genau zu unterscheiden, ob sie mit Anlaufschwierigkeiten verbunden sind – oder mit dauerhaften Problemen, die auch nach einer Anfangsphase bestehen bleiben. Dieser Unterschied lässt sich am Entschluss erklären, in der Regel mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren: Wenn man es nur selten genutzt hat, steht es vielleicht mit einem platten Reifen im Keller, oder man vergisst den Helm in der Wohnung – aber bei regelmäßigem Radfahren ist das irgendwann überwunden, Routine stellt sich ein. Der fehlende Radweg an einer vielbefahrenen Straße oder lebensgefährliche Ampelschaltungen an Kreuzungen hingegen bleiben dauerhaft ein Problem.
Wenn wir mit anderen Menschen über Lösungsansätze sprechen, dann ist es ganz normal, dass Fragen und Einwände kommen. Solche Fragen aufrichtig zu beantworten, ist wichtig; geschieht es nicht, ist Widerstand fast programmiert. Angebotene Lösungen müssen zudem zum Selbstbild von Menschen, zur Gruppen-Identität und den Werten und Normen passen. Darauf achtet man am besten schon in der Planung einer Initiative oder Kampagne – aber wenn es dann soweit ist, sie zu präsentieren, möchte sich das Publikum auch selbst davon überzeugen. Zum Beispiel durch kritische Nachfragen.
Fazit
Fassen wir noch einmal zusammen: Lösungsansätze in der Kommunikation über die Klimakrise besonders zu betonen, kann die Debatte auf ein ganz neues Niveau heben. Die Menschen im Publikum erkennen im besten Fall, dass sie etwas tun können, dass es sie nicht überfordert und dass sie es in Gemeinschaft tun und es Spaß macht – und etwas bewirkt.
Es ist darum von Vorteil, wenn die Lösungsansätze im eigenen Leben und lokal anfangen. Sollten dann manche Rahmenbedingungen den weiteren Fortschritt stören, kommen sie automatisch als Ziel weiterer Aktionen und Vorhaben ins Visier. Baut sich so in den Menschen das Bewusstsein auf, dass sie zu den Guten gehören, die versuchen, die Klimakrise zu stoppen, und dass sie dabei nicht allein sind, dann werden sie vielleicht auch empfänglich für Lösungsansätze auf anderen Gebieten.
Die UBA-Studie zum „Transformationspotential von Nachhaltigkeitsinitiativen“ verdient mehr Aufmerksamkeit, als dieses Kapitel ihr widmen konnte
Jorgen Randers und Paul Gilding haben 2010 einen Plan veröffentlicht, wie man die Erderhitzung sogar auf etwa ein Grad begrenzen (inzwischen muss man sagen: zurückführen) könnte
Über das Spannungsfeld von individuellen und systemischen Lösungen spricht Michael Mann in seinem Buch The New Climate Wars (deutsche Ausgabe: Propagandaschlacht ums Klima)
Claudia Kemfert von Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin gibt in ihrem Buch Mondays for Future, „53 Aufgaben für den Anfang“
Dieses Kapitel gibt es – wie alle anderen Kapitel – in jeweils zwei Fassungen: